Wenn die Bühne schon brennt

Feuermelder

„Risiko vs. Problem“

Es gibt zwei Arten von Projektmanagern: Die einen bereiten sich auf potenzielle Risiken vor – die anderen hetzen mit dem Feuerlöscher durch die Gegend, wenn der Bühnenvorhang schon in Flammen steht.

Risikomanagement ist die Kunst, Katastrophen vorherzusehen und zu verhindern. Problemmanagement bedeutet, das Desaster zu bewältigen, wenn es bereits eingetreten ist. Klingt einfach? Schön wär’s.

Die Opernwelt als Lehrstück

Stellen wir uns vor, ein Theater plant eine große Premiere. Ein gutes Risikomanagement überlegt vorher:

🎼 Was, wenn die Sopranistin krank wird? Eine Zweitbesetzung steht bereit.

🎼 Was, wenn das Bühnenbild nicht rechtzeitig fertig ist?  Alternativlösung parat.

🎼 Was, wenn das Publikum Buh-Rufe plant? Kritiker im Vorfeld besänftigen (oder Champagner bereitstellen).

Hier hat jemand mitgedacht – die Inszenierung ist gesichert.

Jetzt die andere Variante: Kein Risikomanagement, aber tolles Problemmanagement.

🎼 Die Sopranistin fällt aus – Panik, Notruf an die Zweitbesetzung, die sich auf den Weg macht – im ersten Akt wird ihr Part von einer Statistin rezitiert.

🎼 Das Bühnenbild ist nicht fertig – Kreative Idee: Der Regisseur erklärt dem Publikum spontan, dass „Minimalismus das neue Barock ist“.

🎼 Das Publikum buht – der Inspizient dimmt hektisch das Licht, um die Flucht der Intendanz zu erleichtern.

Sicher nicht die ideale Lösung. Wichtig bleiben im Falle eines Problems immer drei grundsätzliche Strategien:

🎼 Es gibt genau einen Problem-Manager mit entsprechenden Vollmachten. Nicht alle Beteiligten sollten und dürfen in einer kritischen Situation Maßnahmen anordnen.

🎼 Die grundsätzliche Strategie und Vollmachten für diesen Manager werden vor dem Start eines Projekts – also einer Vorführung – festgelegt und sind im Team bekannt.

🎼 Ruhig bleiben! Keine Hektik verbreiten, denn das verschlimmert die Situation nur.

Der Unterschied von Risiko und Problem? Timing.

Im Projektmanagement unterscheiden sich beide Bereiche wie folgt:

Risikomanagement fragt: „Was könnte schiefgehen?“ und plant Gegenmaßnahmen.

Problemmanagement fragt: „Warum brennt alles?“ und wie lösen wir das jetzt.

Fazit: Der beste Problemmanager ist derjenige, der kaum gebraucht wird.

Die erfolgreichsten Projekte sind nicht solche, die spektakulär gerettet wurden – sondern sie müssen gar nicht erst gerettet werden. Denn seien wir ehrlich: Niemand applaudiert dem Dirigenten, weil er es irgendwie geschafft hat, eine Chaos-Probe in eine halbwegs funktionierende Premiere zu verwandeln. Er bekommt Applaus, weil es gar nicht erst chaotisch wurde.

Also: Lieber Risikomanager als Feuerwehrmann. Denn wenn das Bühnenbild schon brennt, ist es eigentlich zu spät.