„PMO – Projekt-Management-Office“
Wenn irgendwo das Wort PMO fällt, gibt es meistens zwei Reaktionen: Die einen verdrehen die Augen, weil sie sofort an endlose Excel-Tabellen, Bürokratie und Kontrollwahn denken. Die anderen sehen es als eine unverzichtbare Macht im Hintergrund, die dafür sorgt, dass Projekte nicht im kreativen Chaos versinken.
Ich tendiere ganz klar zur zweiten Gruppe. Denn richtig eingesetzt ist ein PMO nicht nur der Verwalter von Projektplänen, sondern der unsichtbare Motor für den Erfolg. Und was wäre ein besseres Beispiel als die Oper?
PMO als Dirigent hinter den Kulissen
Stellen wir uns eine Opernproduktion ohne klare Strukturen vor:
🎼 Der Tenor kommt zur Premiere, aber seine Notenblätter fehlen.
🎼 Das Orchester probt, aber niemand weiß, ob die Regie das Tempo inzwischen geändert hat.
🎼 Die Kulissen sind wunderschön, aber stehen auf der falschen Bühne.
🎼 Der Inspizient rennt hektisch herum, weil die Sänger noch immer über ihre Einsätze streiten.
Kurz gesagt: Chaos.
Und genau hier zeigt sich, was ein gutes PMO leisten kann. Es ist nicht der Star der Show, aber ohne PMO läuft die Inszenierung aus dem Ruder.
Drei unschätzbare Rollen des PMO in der Oper – und im Projekt:
1. Das PMO als Hüter der Partitur
Ein PMO sorgt dafür, dass alle Beteiligten wissen, was gespielt wird. Während sich Regie, Sänger und Musiker kreativ austoben, stellt es sicher, dass niemand aus dem Takt gerät. Im Projektmanagement bedeutet das: Klare Methoden, einheitliche Prozesse und eine zentrale Anlaufstelle für alle, die wissen wollen, was gerade Sache ist.
Werfen wir einen Blick auf: „La Traviata“ von Verdi.
Violetta stirbt am Ende – das ist nicht verhandelbar. Aber was passiert, wenn der Regisseur plötzlich entscheidet, die Oper in eine futuristische Dystopie zu verlegen? Das Orchester bleibt in der klassischen Partitur, das Bühnenbild in der Belle Époque, während die Kostüme aussehen, als wären sie aus „Star Trek“ entliehen. Hier würde ein PMO sofort intervenieren und für Konsistenz sorgen – damit das Publikum nicht das Gefühl hat, zwei verschiedene Opern gleichzeitig zu sehen.
2. Das PMO als Hüter des Zeitplans
Kein Opernhaus kann es sich leisten, dass die Premiere verschoben wird, weil das Bühnenbild noch im Rohbau steckt. Ein gutes PMO sorgt dafür, dass alle Teams synchron arbeiten, Fristen eingehalten werden und Eskalationen frühzeitig erkannt werden. Es ist die unsichtbare Instanz, die zwischen Dirigent, Regie und Technik vermittelt, bevor es knallt.
Als Beispiel: „Die Meistersinger von Nürnberg“ von Wagner.
Dieses Werk dauert über fünf Stunden. Stellen wir uns vor, das PMO wäre nicht involviert: Der Dirigent nimmt sich künstlerische Freiheit, verlängert die Arien um zehn Minuten, die Regie fügt zusätzliche Monologe ein, und das Orchester beschließt spontan, noch ein paar Zwischenspiele einzubauen. Plötzlich dauert die Oper acht Stunden – und die Zuschauer sitzen schlaftrunken im Saal, während das Reinigungs-Team bereits ungeduldig wartet. Ein PMO hätte hier frühzeitig eingegriffen und gesagt: „Leute, wir müssen innerhalb der geplanten Zeit bleiben – sonst verlässt uns das Publikum mitten im zweiten Akt.“
3. Das PMO als Übersetzer zwischen den Welten
In der Oper sprechen alle ihre eigene Sprache: Die Musiker denken in Noten, die Regie in Bildern, das Ensemble in Emotionen – und das Management in Ticketverkäufen. Ein PMO vermittelt zwischen diesen Welten, stellt sicher, dass alle dieselben Ziele verfolgen und dass kein Stakeholder erst am Premierentag merkt, dass die Inszenierung eine komplette Neuausrichtung bekommen hat.
Wie sähe dann „Carmen“ von Bizet aus?
Stellen Sie sich vor, der Sponsor (a.k.a. der Geldgeber) will eine jugendfreundliche Version von Carmen ohne tragisches Ende. Don José soll nicht aus Eifersucht töten, sondern Carmen in einer sanften Abschiedsszene Lebewohl sagen. Der Regisseur dreht daraufhin das komplette Konzept um, aber vergisst, es dem Orchester mitzuteilen. Am Premierentag endet die Musik also dramatisch, während auf der Bühne eine versöhnliche Umarmung zu sehen ist. Das Publikum ist verwirrt, der Kritiker schreibt eine gnadenlose Rezension, und die Oper wird zur unfreiwilligen Komödie. Hier kann ein PMO rechtzeitig vermitteln.
PMO: Regieassistenz statt Bürokratiemonster
Ja, ein schlecht aufgestelltes PMO kann nerven. Wenn es sich nur mit Excel-Tabellen beschäftigt, statt Projekte voranzutreiben, ist es nicht mehr als eine Bürokratiemaschine. Aber wenn es seinen Platz klug einnimmt, wird es zur Regieassistenz, die im Hintergrund das Fundament für eine erfolgreiche Aufführung legt.
Denn am Ende gibt es nur zwei Arten von Produktionen: Die, die inszeniert wirken – und die, die wirklich inszeniert sind. Und wer will schon, dass sein Projekt aussieht wie eine missglückte Erstaufführung?