Der frühe Einsatz des Dirigenten

Dirigent

Stellen wir uns Folgendes vor: Die Bühne ist bereit. Die Geigen stimmen, die Pauke zuckt vorfreudig, das Publikum raunt erwartungsvoll – wo ist der Dirigent? Fehlanzeige. Chaos mit Stil vielleicht, aber keine Kunst. Die Musiker schauen sich ratlos an, Einsätze verpuffen, das Tempo wackelt wie ein Tenor auf Glatteis. Was als große Inszenierung gedacht war, klingt mehr nach Hofkapelle in Auflösung. Willkommen in einem Projekt ohne Leitung – oder zumindest ohne rechtzeitige.

Der Dirigent gehört zur ersten Orchesteraufstellung – nicht erst zur Generalprobe

Opern sind keine One-Man-Show (auch wenn sich manche Tenöre so aufführen). Sie sind Gesamtkunstwerk, kontrolliertes Chaos, fein abgestimmte Katastrophe auf Probe. Und genau deshalb braucht es jemanden, der das große Ganze im Blick hat – lange bevor der erste Vorhang sich hebt. Den Dirigenten. Oder im Projektsprech: den Projektmanager.

Ein erfahrener Projektmanager steht nicht plötzlich in Phase drei am Bühnenrand und fragt, was er tun soll. Nein, er ist dabei, wenn das Libretto entsteht. Wenn diskutiert wird, ob das Budget für ein Orchester reicht – oder doch nur für ein Kammervokalensemble mit Synthesizer. Wenn es noch möglich ist, aus Träumereien Pläne zu machen.

Denn was macht so ein früher Projektmanager eigentlich?

  • Er liest mit in der Partitur. Wenn in der Charter von Visionen die Rede ist, schaut er, ob auch jemand an Noten denkt. Oder zumindest an die Logistik.
  • Er erkennt Stolpersteine, bevor jemand drüberfällt. Wie ein Regisseur, der weiß, dass man ein drehbares Bühnenbild nicht mit Panzertape befestigt.
  • Er plant mit Realitätssinn. Während andere vom Flug über den Ozean träumen, fragt er höflich, ob jemand an Schwimmwesten gedacht hat.

Wenn der Dirigent fehlt: Opern des Unheils

Was passiert, wenn die Koordination fehlt? Man fragt am besten Giuseppe Verdi. In La Traviata gibt es reichlich Liebe, Leidenschaft und große Gefühle – aber leider niemanden, der mal kurz ein Flipchart aufstellt und klärt, wer wann mit wem redet. Ergebnis: tragischer Ausgang, Tränen im Parkett, keine Lessons Learned.

Wesentlich strukturierter geht es bei Wagners Meistersinger von Nürnberg zu. Warum? Hans Sachs. Der Schusterpoet als Projektmanager im Geiste – vermittelt, balanciert Interessen, erkennt Konflikte, bevor die Bühne brennt. Und siehe da: Das Fest wird ein Erfolg. Nicht trotz, sondern wegen der Führung.

Späte Dirigenten – teure Proben

Wer den Projektmanager erst ins Boot holt, wenn das Schiff schon volle Fahrt aufgenommen hat, darf sich nicht wundern, wenn plötzlich der Kurs nicht stimmt:

  • Planungsfehler sind bereits in Stein gemeißelt (und teuer zu korrigieren).
  • Budgets wurden auf Hoffnung und Bauchgefühl gebaut – nicht auf Zahlen.
  • Stakeholder? Ach ja. Die gibt es auch noch. Und sie sind sauer, weil niemand gefragt hat.

Früh eingebunden hingegen, wird der Projektmanager zum Komponisten des Gelingens: Er stimmt Instrumente aufeinander ab, sortiert die Einsätze und sorgt dafür, dass kein Takt verschenkt wird.

Fazit: Kein Projekt ohne Taktstock

Ein Projektmanager ist kein Erfüllungsgehilfe mit Checkliste. Er ist der Dramaturg, der Moderator, der rhythmische Herzschlag des Projekts – und zwar von Anfang an. Wer ihm erst beim dritten Akt ein Mikrofon reicht, riskiert mehr als ein paar schräge Töne.

Also: Wer Standing Ovations will, braucht nicht nur ein starkes Libretto, sondern jemanden, der es zum Klingen bringt. Und das geht nur, wenn der Dirigent frühzeitig auf die Bühne tritt – mit erhobenem Taktstock und einem klaren Plan. Dann steht dem großen Finale nichts mehr im Weg – außer vielleicht dem Sopran, der wieder zu spät kommt.

Die richtigen Stimmen im Chor – Stakeholder-Management als Kunst der frühen Harmonie

Stakeholder

Man stelle sich eine Opernproduktion vor: Die Bühne im Halbdunkel, das Orchester zupft nervös an den Saiten, im Saal raschelt Erwartung – doch auf der Bühne? Reine Kakofonie. Die Sopranistin inszeniert sich als tragische Heldin, der Tenor will Comedy-Operette, und der Bühnenbildner hat ein expressionistisches Gesamtkunstwerk geplant – leider ohne Rücksprache. Der Dirigent? Ratlos. Der Regisseur? In Klausur. Und das Publikum? Zwischen Fassungslosigkeit und Fluchtreflex. Was hier fehlt, ist keine Inspiration – sondern Koordination. Willkommen im Albtraum jedes Projektmanagers: Stakeholder ohne Plan.

Wer gehört eigentlich zum Ensemble?

In der Oper ist klar: Da gibt es nicht nur Solisten, sondern ein ganzes Universum an Mitwirkenden. Sänger, Musiker, Regie, Maske, Technik – und nicht zu vergessen: das Publikum, das am Ende entscheidet, ob es Rosen regnet oder Regenponchos. Auch im Projekt ist das Line-up ähnlich bunt:

  • Der Auftraggeber – der Intendant der Unternehmung, der Geld, Macht und Meinung beisteuert.
  • Das Projektteam – die Künstlerseelen, die aus Vision Wirklichkeit machen.
  • Kunden & Endnutzer – das Publikum, das nicht nur klatscht, sondern mitredet.
  • Lieferanten & Partner – von der Bühnenbaufirma bis zur Kaffeeküche.
  • Interne Stakeholder – Kolleg*innen aus anderen Abteilungen, die plötzlich ganz genau wissen, wie dein Projekt „eigentlich“ laufen müsste.

Und jetzt die Gretchenfrage: Wer bringt all diese Stimmen in Einklang?

Stakeholder-Management: Die geheime Dramaturgie hinter dem Vorhang

Frühzeitig, sensibel und strategisch – so lautet das Credo. Wer seine Stakeholder erst dann fragt, wenn der dritte Akt begonnen hat, darf sich nicht wundern, wenn plötzlich jemand mit einer neuen Hauptrolle um die Ecke kommt.

Mozart hat es vorgemacht: In «Die Zauberflöte» werden Tamino und Pamina erst ins Chaos gestürzt, dann aber elegant ins große Ganze integriert. Sarastro weiß, dass man nicht nur mit Licht arbeiten kann, wenn vorher keiner die Schalter kennt. Und siehe da – Happy End, stehender Applaus, Goldene Opernurkunde.

Wotan aus Wagners Ring dagegen? Plant Großes, baut Walhall – vergisst aber, die Verträge ernst zu nehmen. Die Folge: Streit, Flüche, Drachen, Weltuntergang. Stakeholder-Management sieht anders aus. Lektion gelernt? Hoffentlich.

Und Verdis Don Carlos? Ein wahres Paradebeispiel für toxische Kommunikation: Ein König, der glaubt, alles allein entscheiden zu können, während rundherum jeder heimlich sein eigenes Spiel spielt. Ergebnis: Intrigen, Verrat, Tränen in Moll. Projektziel verfehlt. Operngold verspielt.

Stakeholder-Analyse – nicht als Excel-Liste, sondern als Beziehungspartitur

Wer früh wissen will, wie das Ensemble tickt, muss zuhören, beobachten und klug orchestrieren. Kein Abhaken, sondern echtes Einfühlen. Denn hinter jeder Rolle steckt ein Mensch mit eigenen Zielen, Sorgen – und manchmal einem Ego in Helden-Tenor-Lautstärke.

Was muss man früh klären?

  • Wer spielt mit? (Und wer denkt, dass er mitspielen sollte?)
  • Was wollen sie wirklich? (Anerkennung? Einfluss? Kuchen?)
  • Wie viel Macht haben sie? (Und wann sollte man ihnen besser aus dem Weg gehen?)
  • Wie kann man sie einbinden, ohne dass sie das Dirigat übernehmen?

Ein echtes Projekt ist schließlich kein Wunschkonzert – aber auch keine Solonummer.

Fazit: Ohne Chorprobe kein Gesamtkunstwerk

Ein Projekt, in dem alle Beteiligten ihre Rolle verstehen, sich gehört fühlen und am richtigen Takt mitwirken, ist wie eine gut geölte Opernmaschinerie. Keine Missverständnisse, keine plötzlichen Auftritte aus der Kulisse, keine überraschenden Anforderungen kurz vor der Premiere.

Wer Stakeholder frühzeitig integriert, schafft nicht nur Vertrauen – er baut ein Ensemble, das gemeinsam auf die große Bühne zusteuert. Und am Ende? Da erklingt nicht nur der Schlussakkord, sondern auch der Applaus. Und vielleicht, wenn’s richtig gut lief, sogar eine kleine Zugabe.

Die Ouvertüre: Jedes Projekt beginnt mit einer starken Vision

Macbeth

Die Projekt-Charter – Zwischen Gongschlag und Gänsehaut

Bevor in der Oper der Vorhang knarzt, bevor der erste Takt erklingt oder ein Tenor über seine große Liebe jammert, passiert etwas Magisches: die Ouvertüre. Sie ist nicht nur musikalisches Vorgeplänkel – sie ist Versprechen, Drohung und Verheißung in einem. Und genau das ist auch die Projekt-Charter. Wer glaubt, man könne einfach mal „loslegen“ und schauen, wo die Reise hingeht, wird früher oder später feststellen: Auch Improvisation braucht ein Drehbuch. Oder zumindest eine grobe Idee, wohin die Reise geht – und wer den Bus fährt.

Die Vision – oder: Ohne Libretto kein Drama

Kein Mensch inszeniert Verdis Aida, indem er einfach mal die Pyramiden aufbaut und hofft, dass jemand reinsingt. Da braucht es schon ein bisschen mehr: eine Idee, ein Ziel, einen Funken, der das Ensemble entfacht. Im Projekt wie auf der Bühne gilt: Wer führen will, muss wissen, wohin die Reise geht – und warum.

Eine starke Vision ist wie die Exposition in der Dramaturgie einer Oper: Sie gibt Richtung und Thema vor, ohne das Ende zu verraten. Sie inspiriert, elektrisiert und hält das Ensemble zusammen, wenn es in der dritten Probe zum siebten Mal kracht. Denn wer weiß, dass er an einer Weltpremiere arbeitet, schluckt auch mal den ein oder anderen Takt zu viel Piccoloflöte.

Die Projekt-Charter – die Ouvertüre des Wahnsinns

Treten wir also auf die große Bühne des Projektmanagements. Im Rampenlicht: die Projekt-Charter. Sie ist unser Auftakt, unser Gongschlag, unser „Es geht los, Leute!“ – aber mit Stil.

In der Charter wird festgehalten, worum es überhaupt geht. Wer mitspielt. Welche Bühne bespielt wird. Und vor allem: Wann der Vorhang fallen soll. Sie klärt, wer das Dirigentenpult besetzt, woher das Orchester sein Budget bekommt und was am Ende als Bravo-taugliche Leistung gefeiert werden soll.

Was gehört hinein? Der Kanon der Klarheit:

  • Projektziele – Was wollen wir überhaupt auf die Bühne bringen?
  • Stakeholder & Beteiligte – Wer mischt mit, wer gibt Applaus, wer wirft Rosen (oder Tomaten)?
  • Umfang & Abgrenzung – Was gehört zur Inszenierung, was ist nur Bühnennebel?
  • Ressourcen & Budget – Wer zahlt die Gagen? Und reicht’s noch für den Chor?
  • Erfolgskriterien – Woran merken wir, dass das Publikum Standing Ovations gibt – und nicht nur höflich hustet?

Große Oper fängt mit großen Tönen an

Manche Opern werfen schon im ersten Takt alles auf die Bühne, was sie haben. Nehmen wir Wagners Rheingold: ein einziger, ewiger Es-Dur-Akkord, der wie eine Urkraft aus den Tiefen brodelt – der musikalische Urknall eines Vierteilers über Macht, Gier und das unausweichliche Schicksal. Wagner wusste: Die Ouvertüre muss sitzen, sonst wird das nichts mit dem Weltuntergang.

Oder Carmen: In den ersten Minuten tanzt das Chaos über den Marktplatz von Sevilla, begleitet von Kastagnetten und Schicksalsmelodien. Jeder weiß sofort: Hier wird es heiß. Und gefährlich. Bizet macht keinen Hehl daraus, worauf wir uns einlassen. Warum? Weil er eine Vision hatte.

Selbst Verdis Macbeth zeigt gleich zu Beginn, wo der Frosch die Locken hat: düstere Prophezeiungen, wabernde Nebel, Hexengeflüster – die perfekte Einstimmung auf einen ambitionierten Sturz ins Verderben. Ganz ehrlich: Wer nach so einer Ouvertüre noch glaubt, es würde ein Happy End geben, hat entweder das Libretto nicht gelesen oder das Genre verfehlt.

Die Charter – kein Notenblatt für Details, aber eine Partitur fürs Ganze

Die Projekt-Charter ist keine Partitur im Sinne von „Takt für Takt“. Sie ist mehr so etwas wie der große Bogen, die Grundtonart, die emotionale Farbe. Sie gibt vor, ob wir in Moll oder Dur marschieren, ob es eine Kammeroper oder ein Stadionkonzert wird. Feinplanung? Die kommt später.

Wie in der Oper: Erst steht der Rahmen – dann kommen die Proben. Erst wenn das Orchester weiß, was gespielt wird, kann der Dirigent feilen, die Regie inszenieren und der Bariton entscheiden, ob er den Dolch nun von rechts oder von links zieht. Ohne diesen Rahmen jedoch ist jede Probe ein Ratespiel.

Fazit: Kein Auftakt ohne Applaus

Ob Bühne oder Büro – wer das Publikum fesseln will, muss am Anfang klotzen, nicht kleckern. Eine gute Projekt-Charter ist kein bürokratischer Papiertiger, sondern der erste dramatische Paukenschlag auf dem Weg zur Premiere. Sie ist der rote Teppich für das, was kommt. Und wenn sie gut gemacht ist, dann hört man nach dem letzten Satz nicht nur: „Projekt erfolgreich abgeschlossen“ – sondern: „Vorhang auf fürs nächste Meisterwerk!“