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Die unterschätzte Königin

«Stakeholder-Management»

Es gibt Dinge, die ein Projektleiter gerne ignorieren würde – und an oberster Stelle stehen die Stakeholder. Das Problem ist nur: Ignorierte Stakeholder kommen immer zurück. Und meist sind sie dann nicht mehr gut gelaunt.

In der Oper ist das nicht anders. Wer seine mächtigen Interessengruppen nicht im Griff hat, muss mit dramatischen Wendungen rechnen. Sehen wir uns ein paar klassische Fehler an – und wie sie sich in berühmten Opern manifestiert haben.

Der größte Fehler: Einen Stakeholder komplett ignorieren

Es gibt Menschen, die glauben, sie könnten unliebsame Stakeholder einfach ausblenden. Die denken: «Wenn ich ihn lange genug ignoriere, vergisst er vielleicht, dass er etwas von mir wollte.»

Ein perfektes Beispiel? Don Giovanni.

Dieser selbstverliebte Draufgänger ist der Inbegriff des schlechten Stakeholder-Managements. Er verführt, er verspricht, er täuscht – und dann verschwindet er, wenn es unangenehm wird. Sein größter Fehler? Er unterschätzt seinen wohl wütendsten Stakeholder: Den Komtur.

Hätte Don Giovanni klug agiert, hätte er sich um diesen mächtigen Herrn gekümmert, bevor es eskaliert. Aber nein, er ignoriert das Problem – und am Ende landet er in der Hölle.

Lehre für das Projektmanagement:

Stakeholder verschwinden nicht einfach. Wer glaubt, dass sich Probleme von selbst lösen, wird irgendwann sehr schmerzhafte Konsequenzen erleben.

Stakeholder gegeneinander ausspielen: Ein riskantes Spiel

In manchen Projekten versucht man, unterschiedliche Stakeholder gegeneinander auszuspielen, um sich selbst Zeit zu verschaffen. Die Idee: «Solange sie sich untereinander streiten, lassen sie mich in Ruhe.»

Ein brillantes Beispiel für diesen fatalen Fehler? Aida.

Radamès, der ägyptische Feldherr, sitzt zwischen zwei Fronten: Seine heimliche Geliebte Aida (die Stakeholderin mit starken emotionalen Interessen) und die offizielle Machtfraktion, vertreten durch Prinzessin Amneris (die Stakeholderin mit politischem Einfluss).

Anstatt sich frühzeitig zu positionieren und eine klare Strategie zu fahren, versucht Radamès, beiden gerecht zu werden – mit dem Ergebnis, dass er alle verärgert. Am Ende verliert er alles: seine Liebe, seine Karriere und sein Leben.

Lehre für das Projektmanagement:

Stakeholder haben unterschiedliche Interessen – aber sie zu gegeneinander auszuspielen, endet meist in einem Desaster. Besser: Alle frühzeitig einbinden und klare Erwartungen managen.

Die Erwartungen eines Stakeholders unterschätzen: Das geht nach hinten los

Ein klassischer Fehler: Man glaubt, ein Stakeholder sei harmlos, weil er anfangs still bleibt. Doch dann kommt der Moment, in dem er sich zu Wort meldet – und zwar so, dass das ganze Projekt ins Wanken gerät.

Beispiel gefällig? Die Zauberflöte.

Prinz Tamino glaubt, sein größtes Problem sei Sarastro – der große, weise Priester, von dem ihm die Königin der Nacht erzählt. Doch was übersieht er? Die Königin selbst ist eine mächtige Stakeholderin mit eigenen Interessen. Und als Tamino sich ihr verweigert, zeigt sie ihr wahres Gesicht – und schickt ihre Tochter Pamina mit einem Mordauftrag los.

Hätte Tamino sie früher ernst genommen, hätte er sich vielleicht diplomatischer aus der Affäre ziehen können. Aber nein, er realisiert es zu spät – und steht plötzlich zwischen zwei sich bekriegenden Machtzentren.

Lehre für das Projektmanagement:

Unterschätze nie eine ruhige Stakeholderin. Nur weil jemand anfangs nichts sagt, heißt das nicht, dass er nicht irgendwann massiv Einfluss nimmt.

Zu viele Stakeholder glücklich machen wollen: Und am Ende gar nichts liefern

Der Klassiker unter den Fehlern: Man will es allen recht machen. Aber wer allen gefallen will, wird am Ende niemanden glücklich machen.

Dazu fällt mir sofort Wagners «Tannhäuser» ein.

Tannhäuser steht zwischen zwei Welten: Dem hedonistischen, lustvollen Venusberg und der strengen, gesellschaftlichen Ordnung der Wartburg. Er will beides, doch anstatt sich klar zu positionieren, wechselt er unentschlossen hin und her – und scheitert am Ende komplett.

Hätte er frühzeitig eine klare Entscheidung getroffen, wäre ihm viel Leid erspart geblieben.

Lehre für das Projektmanagement:

Wenn Stakeholder unterschiedliche Erwartungen haben, hilft es nichts, immer wieder den Kurs zu ändern. Man muss eine klare Linie fahren – sonst verzettelt man sich komplett.

Fazit: Stakeholder-Management ist Überlebensmanagement

Egal, ob in der Oper oder im Projektmanagement – Stakeholder wollen gehört werden. Wer sie ignoriert, unterschätzt oder manipuliert, wird das spätestens im dritten Akt bereuen.

Die wichtigste Regel: Sprich mit ihnen, bevor du mit ihnen kämpfen musst.

Denn in der Oper gibt es oft kein Happy End für schlechtes Stakeholder-Management – und im echten Leben meistens auch nicht.